Mängel in gerichtlichen Baugutachten

                                                

“Wer den Knoten nicht kennt, kann ihn auch nicht lösen.“ Aristoteles
oder Goethe:
„Man sieht nur, was man weiß.“

 
In der Praxis eines Beweisverfahrens kann sich das Problem ergeben, dass Rechtsanwälte und Gericht nicht darüber befinden können, ob das Ergebnis des ihnen vorgelegten Gutachtens in bautechnischer Hinsicht auch tatsächlich richtig ist. In der Regel gehen sie von der Richtigkeit aus, weil sie sich auf die Vermutung stützen, dass die von der IHK und der Handwerkskammer öffentlich bestellten und vereidigten (ö.b.u.v.) Sachverständigen die versprochene Qualität besitzen, um die Beweisfrage aus technischer Sicht richtig zu lösen bzw. zu beantworten. Leider ist dies viel zu selten so.

Meine Erfahrung aus den letzten 20 Jahren mit solchen Problemstellungen zeigt: 
Eine Kontrolle dieser Gutachten ist absolut notwendig!

Entstehen durch das Gutachtenergebnis Zweifel, Unsicherheit, Misstrauen, so muss das Gutachten hinterfragt werden. In der Regel wird dies durch die Partei erfolgen, die sich benachteiligt fühlt, aber nun vor der Schwierigkeit steht, die Mängel und Fehler des Gutachtens so darzustellen, dass diese von dem vorwiegend juristisch gebildeten Auftraggeber, dem Gericht, nachvollzogen werden können.

Ein Ziel, das selten erreicht wird:
Ein Gutachten, das alle Beweisfragen vollständig beantwortet, dessen Methodik und Argumentation nachprüf- und nachvollziehbar ist und klare Anknüpfungspunkte für die juristische Bewertung und letztlich für die (aus technischer Sicht) richtige gerichtliche Entscheidung bietet, dürfte nicht nur der anzustrebende Idealfall sein, sondern auch der Prozessökonomie dienen.

Bauteile, die oft in den gerichtlichen Baugutachten fehlerhaft bis falsch beurteilt werden:
Abdichtung Keller - Außenputz - Bad Abdichtung - Blecharbeiten - DST-Gründung Bodenplatte - Gründung, Fundamente nicht unterkellerter Wohnhäuser - Steildach - Dachterrasse, Loggia, Balkon - Entwässerung, Dränung, Abwasser - Estrich, Heizestrich - Fenster, Fensterbänke, Türen - Flachdach - Innenputz - Luftdichtheit der inneren Gebäudehülle, Auswertung Blower-Door-Test - Mauerwerk aus Porenbeton, Hochlochziegel - Perimeterdämmung - Sockel Fassade, Gebäude - Trockenbau - Treppen - Türen - Wärmedämm-Verbundsystem - Winddichtigkeit Dach - Zwischenwand, Trennwand.

Problemkreise, die zu Schwierigkeiten in der zweifelsfreien Nachvollziehbarkeit der Beurteilungen bzw. Bewertungen im Gutachten führen und den Gerichtssachverständigen der Kritik aussetzen:

  • Mangelndes bautechnisches Fachwissen, das sich auf das Verständnis der Intention der Beweisfrage und auf die sachkundige Feststellung von Tatsachen auswirkt.
  • Die Vollständigkeit der Behandlung des Beweisthemas (Beweisfrage), insbesondere dann, wenn dieses mehrere Beanstandungen beschreibt.
  • Modifizierung der Beweisfrage durch Paraphrase, wobei Beanstandungen verloren gehen und der Sinn und Richtung der Beweisfrage nicht richtig wiedergegeben oder gar ganz verfehlt werden.
  • Voreingenommenheit durch die falsche rechtliche Einschätzung der Aktenlage, die zur fachlichen Fehlbeurteilung von Sachverhalten (falscher Kontext) führt, z.B.: die Annahme eines vorsätzlichen Baustopps, die Annahme, die beanstandete Leistung sei noch nicht fertiggestellt, das Fehlen eines Bauteils wird als „halbfertige Arbeit“ beurteilt, obwohl dieser Umstand des Fehlens die Beanstandung darstellt, die Annahme einer hinzunehmenden Qualitätsminderung durch kostengünstiges Bauen, die Annahme einer Sonderkonstruktion, obwohl vertraglich nicht vereinbart.
  • Voreingenommenheit auch durch die Duldung bzw. Verteidigung von selbst für Baulaien offensichtlichen Baufehlern, z.B. bei der Behauptung einer „Üblichkeit“ von Rissen, von zufälligen Baustellenlösungen, wie die ungeordnete und ungeplante Verlegung von Versorgungsleitungen in Fußbodenschichten. In der Summe sollen mit der Behauptung der „Üblichkeit“ Unterschreitungen von Mindestanforderungen gerechtfertigt werden.
  • Nichtberücksichtigung der Forderungen der Regelwerke, selbst wenn diese in der Beweisfrage angegeben werden und für die Lösung bzw. richtige Beantwortung notwendig einbezogen werden müssten.
  • Unübersichtlichkeit durch die Verwendung eigener Ordnungsziffern bzw. keine oder nur mit erheblichem Suchaufwand nachvollziehbare Anpassung an die Gliederung der Beweisfragen des Beweisbeschlusses.
  • Die aktuelle persönliche Interessenlage, die nicht nur Vorbereitung, Verhalten und Vorgehensweise bei Ortsterminen bestimmt, sondern insgesamt die Gründlichkeit und Zeitnähe der Bearbeitung des gerichtlichen Auftrags und die Bewertungsrichtung.
  • Bevorzugung der eigenen persönlichen Meinung, ohne irgendeinen Beweis für die Richtigkeit dieser Meinung anzutreten (die sogenannte „Zugrundelegung von ungesicherten Erkenntnissen“), und oft auch ohne den zutreffenden Kontext ausreichend zu berücksichtigen.
  • Fehlender Soll-lst-Vergleich= kein nachvollziehbarer Bezug zu einer Vergleichsgrundlage. Wie kann man einen Ist-Zustand bewerten, ohne diesen mit einem Soll-Zustand zu vergleichen? Schon an dieser systembedingten Logik scheitern viele Gutachten.
  • Der Bezug auf nicht der Ausführungszeit entsprechenden Ausgaben der Regelwerke, Zulassungen, Prüfbescheide, Herstellerrichtlinien usw.
  • Die Nichtbeachtung der Ausführungsbestimmungen und —voraussetzungen in den Zulassungen und Prüfzeugnissen der eingesetzten Bauprodukte. Nichtberücksichtigung der Herstelleranweisungen und Einbauanleitungen.
  • Keine Berücksichtigung der logischen Notwendigkeit, dass Regelabweichungen gesonderte Nachweise der Gleichwertigkeit und Aufklärung sowie Zustimmung des Auftraggebers vor der Ausführung bedingen.
  • Die Nichtanerkennung von groben Verstößen gegen die Mindestanforderungen bauteilbezogener Regelwerke durch gutachterliche Fiktionen und Spekulationen, z.B.: Nachträgliche theoretische (fiktive!) Berechnung mittels Computer-Software von Wärmebrücken, die durch falsche Planung, handwerkliche Schlamperei usw. verursacht sind einhergehend mit der Beurteilung, es läge keine schädliche Auswirkung gemäß DIN 4108 vor und befände sich noch im Rahmen der Energiebedarfsberechnung, die Bevorzugung von Mittelwerten als Messwerte, obwohl nach Grenzwerten gefragt wird (Mittelwerte sind rein fiktive Werte!), fiktive Annahmen zur Ergänzung der gerügten Planungsleistungen = Korrektur und Übernahme der Planung, Versuche, nachträglich die Nachweise zu erbringen, die der Gerügte vor der Ausführung seiner Leistungen hätte erbringen müssen, die nachträgliche Interpretation und Rechtfertigung von „zufälligen Baustellenlösungen“ ohne Bezug zu den Forderungen der Regelwerke, das nachträgliche Hineininterpretieren von Absichten, welche die Parteien nie hatten, und die deshalb auch keine vertragliche Entsprechung finden, Spekulation, Vermutung, fiktive Annahme über eine zukünftige Ausführung bzw. Fertigstellung für die keinerlei Hinweise vorliegen, wobei dieses Nichtvorliegen von Hinweisen und Angaben die Beanstandung darstellt und begründet, Beurteilung des Sachverhalts ohne Berücksichtigung der zutreffenden Voraussetzungen und des Vertragsziels. Oder allgemein: Spekulative Wertungen auf der Grundlage der Annahme fiktiver Voraussetzungen.
  • Falsche Auslegung des Sinn und Zwecks eines Blower-Door-Tests und/oder falsche Auswertung der Ergebnisse dieses Testverfahrens, z.B.: Es wird lediglich die Luftwechselrate (Mittelwert !) ermittelt, aber keine Leckageprüfungen, welche die Qualität der Luftundurchlässigkeit der inneren Gebäudehülle beschreiben, vorgenommen, die Annahme, die Luftwechselrate, die noch im Rahmen der DIN 4108, Teil 7, liegt, würde die regelwidrige Ausführung von Bauteilen und deren Schnittstellen und Details ausgleichen, die Annahme bei einer Luftdichtigkeitsprüfung im Rahmen eines Blower-Door-Tests gäbe es Toleranzen, die bei der Bewertung des Ergebnisses berücksichtigt werden müssten.
  • Aus der Tatsache, dass kein Bodengutachten vorliegt, werden entweder falsche Schlussfolgerungen gezogen oder sie wird überhaupt nicht gewürdigt.
  • Nichtbeachtung der Bildaufnahmen des Antragstellers/Klägers, die während des Baufortschritts gemacht wurden und die chronologische Entwicklung zur Beanstandung einer Bauleistung für den Fachmann nachvollziehbar machen. Und obwohl sie Bestandteil der Beweisfrage sind bzw. sich diese auf die Bilder bezieht bzw. diese die Beanstandungen visuell wiedergeben.
  • Das Fehlen von vollständigen Anlagen, auf die sich die Wertungen im Gutachten beziehen.
  • Angabe unvollständiger Mängelbeseitigungsmaßnahmen und viel zu geringer Mängelbeseitigungskosten. Manche Gerichtssachverständige scheinen von dem Recht auf Neuherstellung (Rückbau bis zum Ausgangspunkt des Mangels und dann Neuaufbau der vertraglichen Leistung) des durch Baumängel an seinem Neubau Geschädigten nichts zu wissen. Sie bevorzugen Reparaturlösungen, die mit der ursprünglichen vertraglichen Vereinbarung wenig bis nichts zu tun haben, keine Entsprechung in den einschlägigen Regelwerksforderungen finden und oft sogar schon an den örtlichen Rahmenbedingungen scheitern oder für die sich kein Handwerker findet, der bereit wäre, dafür die Gewährleistung zu übernehmen. Welcher Bauherr, der neu baut, bestellt ein repariertes Haus?
  • Die Behauptung der Unverhältnismäßigkeit der Mängelbeseitigung. Diese Einschätzung erfolgt oft dann, wenn der Partei, die den Mangel verursacht hat, erhebliche Kosten drohen, z.B. durch Rückbau der fehlerhaften Leistungen. Hier genießt der Mangelverursacher einen nicht berechtigten wirtschaftlichen Schutz. Es kann nicht Aufgabe des Gerichtssachverständigen sein, sich um die wirtschaftliche Zukunft des Mangelverursachers zu sorgen.
  • Das Einrichten von Sammelpositionen für Mängelbeseitigungskosten, die im Einzelnen in ihrem Bezug zur jeweiligen Beweisfrage nicht mehr nachvollziehbar sind.
  • Juristisches Fachwissen, das z.B. bei einem Bauleiter/Architekt vorausgesetzt wird, fehlt, z.B.: Nichtberücksichtigung der Rechtsfolgen durch die Abnahme der Bauleistung, die Behauptung, die Beweisfrage sei eine Rechtsfrage, Nichtwürdigung der chronologischen und sachlichen Entwicklung der Vorgeschichte bis hin zum selbständigen Beweisverfahren, was meistens mit der Gerichtsakte nachvollzogen werden könnte und Grundlage der im Beweisbeschluss enthaltenen Beanstandungen ist, Nichtberücksichtigung der Schadensminderungspflicht des Antragstellers/Klägers, Missachtung der Bedenkenregelung gemäß VOB/B und C, usw.
  • Fehlendes Verständnis für die juristische, insbesondere richterliche Denk- und Arbeitsmethodik, für Sinn und Ziel des Beweisverfahrens und damit einhergehende ungenügende Herausarbeitung der zweifelsfreien Anknüpfungspunkte für die weitere juristische Be- und Verwertung.

Diese und ähnliche Probleme überlagern und summieren sich oft in einer Weise, dass von einer qualifizierten Gutachtenarbeit nicht mehr gesprochen werden kann. Das in solchen Fällen regelmäßig zu hörende Argument, dass Unfähigkeit nicht zur Ablehnung dieser Personen führt, offenbart klar den Widerspruch im System: Einerseits das zum Mythos erhobene Qualitätsversprechen, andererseits die Diktatur der Unfähigkeit. Einerseits wird der ö.b.u.v. Person eine besondere Qualifikation auf einem bestimmten Sachgebiet zuerkannt, die ihren Aussagen einen erhöhten, oft verfahrensentscheidenden Wert verleiht, andererseits wird die Nichterfüllung der versprochenen Qualität (z.B. durch Unfähigkeit) geduldet, somit auch ein Fehlurteil billigend in Kauf genommen. Wer profitiert davon? Die durch Baumängel Benachteiligten bestimmt nicht, denn es ergibt sich eine weitere Seltsamkeit: Die Unfähigkeit eines ö.b.u.v. Sachverständigen wirkt sich fast immer zugunsten des Mangelverursachers aus.

Es erhebt sich somit die Frage: Was tun, wenn dieser Fall eintritt?
Auch hier kann ich aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen im Umgang mit solchen Problemen helfen, eine akzeptable Lösung zu finden.

PETER  KLENK                                 
Ingenieurbüro für Bauanalysen              
Ingenieur (grad.) Fachbereich Architektur 
Wirtschaftsingenieur (grad.)  
Carl-Benz-Str. 4             
76437 Rastatt        
Fon 07222-967699       
E-Mail: Info@baukontrolle-klenk.com 

Copyright:


Die Inhalte dieser Webseite sind einschließlich aller Inhalte der Unterseiten urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte sind dem Betreiber Peter Klenk vorbehalten.
Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne die Zustimmung des Betreibers Peter Klenk unzulässig und strafbar.
Jeglicher Nachdruck, auch auszugsweise, ist verboten.
Kein Teil dieses Werkes darf ohne schriftliche Einwilligung des Betreibers Peter Klenk in irgendeiner Form, auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung und Seminarveranstaltungen, reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

 

Stand 02.04.2024